FluchtFolgen

FluchtFolgen. Notwendige Übungen im politischen Denken

Vortrag und Diskussion mit Harald Schwaetzer (Cusanus Hochschule)

 

»In jeder Krise geht ein Stück Welt, das uns allen gemeinsam ist, zugrunde.« Hannah Arendt schreibt diese Worte Ende der 50er Jahre in einem Band, dessen Untertitel »Übungen im politischen Denken« lautet. Diese Worte treffen vielleicht die Empfindung vieler Menschen fünf Jahre nach der Katastrophe von Fukushima, seit Monaten konfrontiert mit dem, was man »Flüchtlingskrise« nennt und angesichts des Ausgangs von drei Landtagswahlen im März 2016.
»Wo immer im öffentlichen Fragen der gesunde Menschenverstand versagt oder auf Antworten verzichtet, haben wir es mit einer Krise zu tun; denn der gesunde Menschenverstand ist eigentlich jener Gemeinsinn, durch den wir in eine uns allen gemeinsame Welt eingepaßt sind und mit dessen Hilfe wir uns in ihr bewegen. […] Das Versagen des Gemeinsinns zeigt wie eine Wünschelrute an, wo ein solcher Einsturz passiert ist.« Arendt versteht eine Krise als eine Frage nach dem Gemeinsinn, also zuvorderst als ein Problem der Bildung. Der gesunde Menschenverstand ist offenbar durch die sogenannte Realität so überfordert, dass ihm der Maßstab eines Urteils fehlt. Er ist orientierungslos. Um Abhilfe zu schaffen, muss also die Möglichkeit geboten werden, Urteilsfähigkeit zu erwerben. Urteilsfähigkeit eines gesunden Menschen verstandes geht einher mit verantworteter Gestaltung von Welt. Wie lässt sich dieses als Aufgabe von Bildung verstehen? Dieser Frage will der Vortrag nachgehen. Denn: Verantwortung hat man, aber man muss sie auch tragen können. Und genau das ist wieder zu lernen, dass man lernen muss, Verantwortung auch tragen zu können.

 

 

Harald Schwaetzer ist Professor für Philosophie, Vizepräsident der Cusanus Hochschule in Bernkastel-Kues und Gastprofessor an der Universität Hildesheim. Er ist Mitherausgeber der „Allgemeinen Zeitschrift für Philosophie“ sowie von „Coincidentia. Zeitschrift für europäische Geistesgeschichte“. Seine Schwerpunkte im Bereich der Geschichte der Philosophie liegen in der Renaissance, dem deutschen Idealismus, dem Neukantianismus und Spätidealismus sowie der Existenzphilosophie. In der gegen wärtigen Philosophie ist er vor allem im Bereich der Philosophie der Bildung tätig.

 

Freitag, 03. Juni 2016, Café Nordbahntrasse, Bahnhof Wichlinghausen, 19.30 Uhr